FLEX: Die Entwicklung eines Elektrowerkzeug-Giganten

Dr. Christian Neuner (CEO/Vorsitzender der Geschäftsführung bei FLEX-Elektrowerkzeuge GmbH) und Michél-Philipp Maruhn (Founder & Managing Director DIGITALWERK)

Dr. Christian Neuner (CEO/Vorsitzender der Geschäftsführung bei FLEX-Elektrowerkzeuge GmbH) und Michél-Philipp Maruhn (Founder & Managing Director DIGITALWERK)

Dr. Christian Neuner über den Aufstieg einer Marke hin zur Innovation und Nachhaltigkeit in der Elektrowerkzeugindustrie

In dieser Podcastfolge begrüßt Michél Dr. Christian Neuner, den CEO der FLEX-Elektrowerkzeuge GmbH, zu einem Gespräch über die Entwicklung und den aktuellen Stand der Branche. Die Geschichte von FLEX erinnert an den Weg einer gut etablierten Marke und der Erlernung des Markennamens, hin zum allgegenwärtigen Begriff. Was “Tempo” für Taschentücher ist “FLEX” für Elektrowerkzeuge.

Dr. Neuner, ein BWLer mit einem unkonventionellen Werdegang für die Elektrowerkzeugbranche, erzählt von seinen Anfängen in der Unternehmensberatung und seiner spannenden Reise nach China. Dort arbeitete er für Roland Berger und lernte die Chervon Gruppe kennen, einen der weltweit führenden Hersteller von Elektrowerkzeugen, bei der er schließlich als Head of Strategy landete.

Die Chervon Gruppe, ein Schwergewicht in der Elektrowerkzeugindustrie mit einem Umsatz von über 2 Milliarden US-Dollar, erwarb schließlich die Marke FLEX. Dies markierte den Eintritt von FLEX in eine neue Ära, in der das Unternehmen seinen Platz in der Welt der Elektrowerkzeuge festigte.

FLEX wurde 1922 in Cannstatt, heute Bad-Cannstatt bei Stuttgart, gegründet. Was einst als Familienunternehmen begann, wurde später Teil eines globalen Netzwerks unter der Chervon Gruppe. Die Marke FLEX, bekannt für Innovation und Qualität, hat den Weg für zahlreiche Produkte geebnet, darunter den berühmten Winkelschleifer und die beliebte Schleifgiraffe.

Mit über 70 Jahren Erfahrung in der Branche ist FLEX heute ein Synonym für Qualität und Zuverlässigkeit im Bereich Elektrowerkzeuge. Das Unternehmen, mit 350 Mitarbeiter:innen in Europa und einer eigenen Produktion in Deutschland, ist führend in Märkten wie dem Innenausbau, der Metallbearbeitung und dem Automobilsektor. Dabei ist der stärkste Markt für FLEX der Innenausbau. FLEX macht einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro.

Der Elektrowerkzeugmarkt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt, wobei der Anteil von Akkugeräten rapide zunimmt. FLEX hat diesen Wandel frühzeitig erkannt und sich als Vorreiter in der Akkutechnologie etabliert. Durch kontinuierliche Innovation und Investitionen in Forschung und Entwicklung bleibt FLEX an der Spitze der Branche.

Wie FLEX den Handwerkermarkt erobert: Ein Blick hinter die Kulissen

Dr. Christian Neuner erklärt, dass FLEX zwar noch nicht stark im Garten- und Landschaftsbau vertreten ist, aber die Muttergesellschaft, die Chervon Gruppe, bereits in diesem Bereich aktiv ist. Die zunehmende Verwendung von Akkus in verschiedenen Geräten führt dazu, dass sich die Grenzen zwischen den Segmenten verwischen. FLEX hat kürzlich eine Gartenlinie auf den Markt gebracht, die eine breitere Palette von Kund:innen anspricht.

Der Übergang von kabelgebundenen zu akkubetriebenen Geräten bietet den Handwerker:innen zahlreiche Vorteile, einschließlich Preisersparnissen und einer saubereren Arbeitsumgebung. Durch die Nutzung einer Akkuplattform können Handwerker:innen Geräte verschiedener Hersteller:innen verwenden, was zu einer erhöhten Flexibilität führt. Dieser Trend zur Akkutechnologie treibt die Branche voran und eröffnet neue Möglichkeiten für Unternehmen wie FLEX.

Um die Handwerker:innen anzusprechen, setzt FLEX auf verschiedene Marketingstrategien. Obwohl das Unternehmen hauptsächlich über den Fachhandel verkauft, nutzen sie auch andere Kanäle wie Fußballsponsoring, insbesondere mit Borussia Dortmund. Diese Partnerschaft ermöglicht es FLEX, sich mit den Werten des Sports zu verbinden, Präsenz auf internationaler Ebene zu zeigen und Werkzeuge in Aktion zu zeigen. Authentizität spielt dabei eine wichtige Rolle.

"Wir wollen authentisch sein, wir wollen nah an unseren Kunden, am Handwerker dran sein. Wir wollen verstehen, was der macht und warum, wie wir ihn unterstützen können. Und das ist die Verbindung, die wir da haben." 
– Dr. Christian Neuner

FLEX ist nicht nur auf dem deutschen Markt aktiv, sondern auch in ganz Europa, den USA und Australien. Durch gezielte Marketingaktionen am Point of Sale, auf Messen und online versucht FLEX, eine starke Kundenbindung aufzubauen. Eine benutzerfreundliche Website mit einem "Mobile First"-Ansatz ist dabei von entscheidender Bedeutung. Obwohl FLEX selbst keine Produkte online verkauft, haben sie ein System entwickelt, das es den Kund:innen ermöglicht, Produkte auszuwählen und dann an Partnerhändler:innen weiterzuleiten, um den Kauf abzuschließen.

Der Preis für die Produkte wird nicht von FLEX festgelegt, sondern von den einzelnen Händler:innen. Dies ermöglicht es den Händler:innen, ihre eigenen Preise und Rabatte festzulegen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Herausforderungen und Chancen der Elektrowerkzeugbranche im digitalen Zeitalter

Dr. Christian Neuner teilt seine Perspektive über die Fortschritte im Elektrobereich und erklärt, warum dieser Bereich bei Standardisierungen und digitalen Themen so weit fortgeschritten ist. Einer der Hauptgründe liegt in der Natur der Elektrizität selbst, die mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko verbunden ist, im Vergleich zu anderen Baustoffen wie Zement oder Mörtel.

Die Diskussion geht tiefer und berührt die Rolle der Sicherheit in der Standardisierung und wie diese Aspekte die gesamte Elektroindustrie beeinflussen. Dr. Neuner führt aus, dass die Elektrobranche oft von anderen Branchen, die ebenfalls mit Elektrizität arbeiten, beeinflusst wird. Diese Verbindung zu anderen Branchen trägt dazu bei, dass Regulierungsfragen, wie zum Beispiel neue Maschinenrichtlinien, auch die Elektrowerkzeugbranche betreffen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den Christian anspricht, sind die regulatorischen Herausforderungen, denen die Branche gegenübersteht. Er erklärt, dass während positive Ziele verfolgt werden, die Umsetzung von Regulierungen oft ungestüm erfolgt und sowohl Fluch als auch Segen sein kann. Kleine Hersteller:innen könnten besonders von einer übermäßigen Bürokratie beeinträchtigt werden, während große Konzerne möglicherweise leichter damit umgehen können.

Die Diskussion zeigt die Komplexität und die Balance zwischen Sicherheit, Regulierung und Innovation in der Elektrowerkzeugbranche auf. Dr. Neuner betont die Bedeutung von Feedback von Branchenverbänden und die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Industrie, um realistische und umsetzbare Lösungen zu finden.

Die Bedeutung von Innovation und Partnerschaften bei FLEX

Eine der spannendsten Fragen, die aufkommt, betrifft die Zukunft der deutschen Elektrowerkzeugbranche. Dr. Neuner prognostiziert, dass in den nächsten Jahren einige Werkzeughersteller:innen den Markt verlassen werden. Dennoch betont er die Stärke Deutschlands als Kernmarkt für Elektrowerkzeuge und die führende Rolle, die deutsche Unternehmen in der Branche spielen.

"Es gibt Elektrowerkzeughersteller aus Deutschland, den USA, Japan und natürlich China. Und das sind die, die den Markt dominieren (...) Da sind wir wirklich einmal ein Brett und da können wir als Land wirklich auch stolz sein."
– Dr. Christian Neuner

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Gesprächs ist die Rolle von Start-ups in der Elektrowerkzeugbranche. Als kleinerer Hersteller ist FLEX-Elektrowerkzeuge kontinuierlich bestrebt, innovative Wege zu finden, um mit den größeren Branchengiganten zu konkurrieren. Eine Initiative von FLEX ist die Zusammenarbeit mit dem Start-up Enable 3D, um kostenlose Vorlagen für Zubehörteile bereitzustellen, die Kund:innen dann mit 3D-Druckern herstellen können. Diese Partnerschaft zeigt nicht nur die Innovationskraft von FLEX, sondern auch die Bereitschaft, neue Technologien zu nutzen, um Kundenbedürfnisse zu erfüllen.

Darüber hinaus betont Dr. Neuner die Bedeutung von weiteren Kooperationen und Initiativen, wie zum Beispiel Leasingangebote in Partnerschaft mit Flexvelop, um Kund:innen zusätzliche Serviceleistungen anzubieten.

Die Zukunft des Handwerks: Innovation, Nachhaltigkeit und Automatisierung

Ein zentrales Thema, das zum Schluss zur Sprache kommt, ist die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Elektrowerkzeugbranche. Dr. Neuner betont die Bemühungen seines Unternehmens, Nachhaltigkeitsziele systematisch zu verfolgen, indem Kernprojekte definiert werden, die darauf abzielen, den Materialeinsatz zu reduzieren und umweltfreundlichere Praktiken zu fördern. Diese Maßnahmen reichen von der Verwendung neuer Materialien bis hin zur Installation von Photovoltaikanlagen, die darauf abzielen, die Umweltbelastung zu minimieren.

Ein weiteres wichtiges Thema, das diskutiert wird, ist die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in verschiedene Bereiche des Unternehmens, insbesondere im Marketing und in der Marktforschung. Dr. Christian Neuner betont, dass KI zwar ein wichtiges Thema ist, jedoch möglicherweise nicht so groß ist, wie es manchmal dargestellt wird. Dennoch setzt FLEX spezielle KI-Software ein, um Marketingtexte und Produktbeschreibungen zu optimieren und den Kundenstamm besser zu verstehen.

Des Weiteren sprechen Michél und Christian über die zunehmende Bedeutung von Automatisierung und Robotik auf Baustellen. Obwohl der Einsatz von Robotern noch nicht weit verbreitet ist, sehen sowohl Dr. Neuner als auch Michél das Potenzial für zukünftige Anwendungen, insbesondere im Bereich der Dokumentation und der Prozessoptimierung.

Abschließend betont Christian, dass die Elektrowerkzeugbranche zwar vor Herausforderungen steht, aber auch zahlreiche Chancen bietet, speziell im Hinblick auf die Förderung des Handwerks und die Entwicklung innovativer Lösungen.

Die Themen des DIGITALWERK Podcasts mit Dr. Christian Neuner  im Überblick:

  • (00:00:00) Um was geht es in der Podcastfolge?
  • (00:05:21) Welcher Zusammenhang besteht zwischen FLEX und der Chervon Gruppe?
  • (00:25:54) Warum ist die SHK- und Elektrobranche im Vergleich zu anderen in den Bereichen Standardisierung und digitale Themen weiter fortgeschritten?
  • (00:30:46) Wie viele Werkzeughersteller werden wir auf dem deutschen Markt in fünf bis zehn Jahren noch vorfinden?
  • (00:32:52) Inwiefern spielen Start-ups für FLEX eine Rolle?

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