Der 8 Mrd.€ Plan für Berlins alten Flughafen

Mit einer Umsetzung des Projektes TXL könnte das immer drängendere Problem Berlins von mangelndem Wohnraum einen deutlichen Schritt vorankommen.

Mit einer Umsetzung des Projektes TXL könnte das immer drängendere Problem Berlins von mangelndem Wohnraum einen deutlichen Schritt vorankommen.

Der Berliner Flughafen BER – international bekannt und mittlerweile ein Sinnbild für Korruption, Bürokratiedschungel und den teilweise katastrophalen Zustand der Baubranche in Deutschland. 

Doch mit der Eröffnung des neuen Flughafens wurde der alte in Tegel nach 70 Jahren Betrieb geschlossen. Das letzte Flugzeug von Airfrance verließ Berlin auf dem Weg nach Paris.  

Was bei manchen Berlinern mit Wehmut und Herzschmerz verbunden ist, eröffnet für andere die Vision eines Berlins ohne Wohnraummangel, mit vielen Grünflächen und Platz für Forschung und Innovation. 

Denn das Flughafengelände in Tegel liegt nicht einfach nur brach – nein, hier entsteht in den nächsten 10 bis 15 Jahren ein gigantisches Stück Zukunft für die Stadt Berlin. 

“Berlin 2045 wird eine weitestgehend klimaneutrale Stadt sein, die auch die Hausaufgaben entsprechend gemacht hat. Wir werden eine 4 Mio. Stadt sein und es wird viele neue Stadtquartiere geben, in denen diese Menschen dann auch leben."
Christian Gaebler - Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Für den alten Flughafen Tegel gibt es ehrgeizige Pläne

Hier soll nämlich ein komplett neues Quartier für die Hauptstadt entstehen. 

Darin enthalten sind 5.000 neue Wohnungen, Gewerbeflächen, Platz für Unternehmen und Start Ups, ein Innovationszentrum, neue Räumlichkeiten für die Berliner Hochschule für Technik, ein Ausbildungszentrum der Feuerwehr und natürlich ein großzügiges Parkangebot.

Das Gelände wird aufgeteilt in das Schumacher Quartier, die Urban Tech Republic und den Landschaftspark. 

Bildquelle: Tegel Projekt GmbH

5.000 neue Wohnungen in Holzbauweise für Berlin

Bildquelle: Tegel Projekt GmbH

Das Schumacher Quartier soll das neue und nachhaltigste Wohnviertel Berlins werden. Insgesamt entstehen hier 5.000 neue Wohnungen, alle vorrangig in Holzbauweise. Manche sprechen von der größten Holzbausiedlung der Welt. Ziel ist es, ausschließlich heimisches Holz aus Berliner Wäldern zu nutzen und dadurch einen an den Klimawandel angepassten Waldumbau voranzutreiben. 

Die zweite Besonderheit besteht darin, dass vorerst niemand diese Flächen erwerben kann. Das sogenannte Erbbaurecht umgangssprachlich auch Erbpacht genannt sieht vor, dass die Grundstücke zwar durch Genossenschaften, Unternehmen oder private Investoren bebaut und genutzt werden können. Ein Verkauf ist aber für eine vertraglich vereinbarte Zeit ausgeschlossen. Das Land gehört also weiterhin Berlin.  

Ein besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, dass gemeinwohlorientiert gebaut wird. Dies bedeutet die Hälfte der neu entstehenden Wohnungen werden von den landeseigenen Wohungsbauunternehmen, (degewo, GESOBAU, Gewobag) gebaut und verwaltet. Rund ein Viertel aller Wohnungen werden zudem in einem mietpreisgebundenen Segment angeboten. Dadurch wird eine soziale Mischung im Quartier gefördert und Gentrifizierung vorgebeugt. 

Die restlichen gehen an Wohnungsbaugenossenschaften, Baugruppen und Anbieter für Sonderwohnformen wie Studierendenwohnheime. 

Weiter sind im Schumacher Quartier Schulen, Kitas, Sportanlagen, kleinere Grünflächen und Einkaufsmöglichkeiten geplant. 

Die Urban Tech Republic - Forschung und Innovation rund um urbane Technologien

Bildquelle: GRAFT Architekten

Auf dem Gelände des alten Flughafens - und vor allem in den alten Gebäuden  - entsteht zudem die Urban Tech Republic.  Diese ist ein 202 Hektar großer Bereich für Forschung, Entwicklung, Innovation und Technologie. Der Fokus liegt dabei auf allen Themen rund um urbane Technologien, also Mobilität, Energie, Werkstoffe, Informations- und Kommunikationstechnologie, Recycling und Wasser. 

Eine große Herausforderung bei der Nutzung des Flughafengeländes Tegel besteht darin, dass fast alle Gebäude und sogar Flächen oder Markierungen unter Denkmalschutz stehen und erhalten bleiben sollen. 

Im berühmten Hexagon – dem früheren Terminal A entsteht beispielsweise der zweite Campus der Berliner Hochschule für Technik für bis zu 5.000 Studierenden. Im Terminal B und D entstehen ein Innovations- und Eventzentrum.

Im FUTR HUT, einem Technologiezentrum mit Laboren, Büros und Werkstätten beschäftigen sich Wissenschaftler, Forscher und Ingenieure mit zukunftsfähigen Werk- und Baustoffen, insbesondere mit dem Holzbau.

In den alten Hangar-Gebäuden wird die neue Feuerwehrakademie, das europaweit größte Ausbildungszentrum der Feuerwehr, untergebracht sein. Bis vor kurzem wurden diese vom GreenTech Festival genutzt, welches sich für eine nachhaltige Zukunft einsetzt und grüne Technologien fördert.  

Aktuell sind verschiedene Zwischennutzungen auf dem Gelände verortet. So werden die leeren Rollfelder als Testflächen für autonomes Fahren oder auch für Testfahrten mit neuen Technologien wie z.B. Wasserstoff genutzt. Auch Forschungen zum 3D Druck mit Holz gibt es hier.  

Insgesamt können sich auf dem Gelände der Urban Tech Republic 1.000 Unternehmen ansiedeln. Dadurch sollen bis zu 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Dem alten Tower soll eine öffentliche Nutzung zukommen. Wie genau das aussieht, ist noch nicht geklärt.

Kampfmitteluntersuchungen zur Vorbereitung des Geländes

Auf allen Teilen des Geländes finden gerade großräumig Kampfmitteluntersuchungen statt. Hier ist man auch schon fündig geworden. Bislang wurde Munition mit einem Gewicht von ca. 10.500 kg. gefunden. Außerdem etwa 65.000 kg Munitionsschrott. 

Als weiterer großer Bestandteil des Quartiers entsteht ein riesiger Park. Die Tegeler Stadtheide wird auf 220 Hektar als Natur- und Landschaftsgebiet auf den ehemaligen Roll- und Flugfeldern geplant. 

Hier ein kleiner Fun Fact am Rande: Wie in Tempelhof auch übernehmen Schafe heute schon die Landschaftspflege der bereits kampfmittelberäumten Flächen. 

Quartiersentwicklung mit Fokus auf klimaangepasste Planung 

So wird beispielsweise das Prinzip „Schwammstadt“ angewendet. Starke Regenfälle und steigende Temperaturen führen dazu, dass der natürliche Wasserkreislauf in vielen Städten nicht mehr gewährleistet werden kann. Anfallendes Regenwasser wird im besten Fall nicht direkt über die Kanalisation abgeleitet, sondern über Retentionsflächen gespeichert. Durch eine verlangsamte Versickerung kann der Boden das Wasser besser aufnehmen und es entsteht zudem eine Verdunstungskälte, die das Quartier abkühlt. Dies kann zum Beispiel über wasserrückhaltende Freiflächen, Grünflächen oder Rigolen realisiert werden.

Zusätzlich werden Photovoltaik-Anlagen und schattenspendende Dächer bei der Planung berücksichtigt.  

Das Quartier ist außerdem als Quartier der kurzen Wege geplant. Mobility Hubs an den Rändern bieten Möglichkeiten sein Auto abzustellen oder aufzuladen. Wege sind vor allem auf den Fuß- und Radverkehr ausgelegt. 

In Tegel wird bis dato längste kalte Nahwärmenetz Deutschlands installiert  

Die Energie soll über ein LowExergie-Netz transportiert werden. LowEx-Wärmenetze sind Wärmenetze, die auf einem geringeren Temperaturniveau als herkömmliche betrieben werden. Diese kalten Nahwärmenetze nutzen die anfallende Abwärme der ebenfalls auf dem Gelände angesiedelten Industrie, Geothermie, Abwasserwärme und andere Energiequellen, um das Quartier mit Energie zu versorgen. Lokale Wärmepumpen werden zusätzlich genutzt, um den Bedarf der Gebäude abzudecken. 

Und auch im Bereich smart City wird hier einiges umgesetzt: Smartes Umweltmonitoring, Verkehr-, Energie- und Regenwassermanagement ebenso wie intelligente Steuerungssysteme für technische Infrastruktur sammeln kontinuierlich Daten, um zu lernen und die Bedürfnisse von Stadtbewohnern besser analysieren zu können. 

Die Entwicklung dieses Quartiers ist eine enorme Aufgabe für die Stadt Berlin

Als einer von 11 Zukunftsorten der Stadt besitzt das Projekt TXL aber besondere Strahlkraft. Damit auch die Berlinerinnen und Berliner ihre Stadt mitgestalten können, wurden diese bereits früh mit eingebunden. Auch wenn es noch eine ganze Zeit dauert – genauer bis 2027, dann sollen die ersten Projekte auf dem Gelände abgeschlossen sein.

Mit einer Umsetzung des Projektes TXL könnte das immer drängendere Problem Berlins von mangelndem Wohnraum einen deutlichen Schritt vorankommen. 

Wenn Ihr noch mehr zum Projekt erfahren möchtet, schaut mal in die Podcastfolge mit Gudrun Sack, der Geschäftsführerin des Projektes rein.