Vom Lost Place zur Zukunftsstadt: Wie der Berliner Gasometer zu neuem Leben erwachte

Wie der Berliner Gasometer zu neuem Leben erwachte

Wie der Berliner Gasometer zu neuem Leben erwachte

„Dieser Ort galt als tot – zu teuer, zu kaputt, zu aufwändig.“


Was heute wie der Anfang einer Zukunftsvision klingt, war einst Realität. Der Berliner Gasometer in Schöneberg stand jahrzehntelang still – ein rostiges Wahrzeichen, das von der industriellen Vergangenheit der Stadt erzählte. Doch wo andere nur Verfall sahen, erkannte ein Team aus Visionären das Potenzial für etwas Großes: den EUREF-Campus Berlin, ein Reallabor für Energie, Mobilität und nachhaltiges Bauen.

Ein Denkmal der Energiegeschichte

1871 begann hier die Geschichte des Gaswerks Schöneberg. Damals war Berlin eine Stadt im Aufbruch – elektrisiert vom Fortschritt. Der Gasometer IV, errichtet 1910, war zu seiner Zeit einer der größten Europas: eine offene Stahlkonstruktion mit einem gigantischen, teleskopartigen Gasbehälter, der – je nach Füllstand – in den Himmel wuchs.

Über Jahrzehnte versorgte das Werk die Stadt mit Energie, bevor es 1946 stillgelegt und in den 1990ern endgültig geschlossen wurde. Zurück blieb ein Symbol der Vergangenheit – und eine gewaltige Herausforderung für die Zukunft.

Mut, Vision und eine verrückte Idee

„Man muss schon ziemlich verrückt sein, so ein Gelände zu kaufen“, sagt Reinhard Müller, der Unternehmer, der das Gelände 2007 erwarb. Wo andere Abriss planten, sah er eine Chance: auf nachhaltige Stadtentwicklung im Bestand. Der Plan war kühn – und zugleich wegweisend: aus einem stillgelegten Gaswerk einen Campus zu machen, auf dem Innovation, Forschung und Unternehmertum zusammenkommen.

„Wir haben hier Dinge gefunden, von denen wir gar nicht wussten, dass sie existieren“, erinnert sich Chefarchitekt Johannes Tücks. Alte Rohre, verrostete Träger, vergessene Technik – ein Ort voller Geschichten. Doch anstatt sie zu tilgen, wurde ihre Patina zum Teil des neuen Designs.

Bauen im Bestand: Nachhaltigkeit mit Geschichte

Die Sanierung war eine technische wie kreative Meisterleistung. Unter Denkmalschutzauflagen mussten Originalstrukturen erhalten, Materialien recycelt und moderne Technologien integriert werden.

Ein zentrales Element dabei: die Fenster. In Zusammenarbeit mit Schüco entstanden maßgeschneiderte Lösungen, die Energieeffizienz, Ästhetik und Kreislaufwirtschaft vereinen.
CEO Andreas Engelhardt erklärt:

„Das Aluminium unserer Fenster kann nahezu unendlich recycelt werden. Wir sorgen dafür, dass es nach dem Ausbau wieder in den Materialkreislauf zurückkehrt.“

So wurde aus einem Ort des Stillstands ein Symbol der zirkulären Architektur – ein Ansatz, bei dem Materialien immer wieder verwendet werden, anstatt verloren zu gehen.

EUREF-Campus Berlin: Stadt von morgen

Heute ist der EUREF-Campus weit mehr als ein saniertes Industriegelände. Es ist ein lebendiger Ort, an dem über 150 Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen an Lösungen für die Energiewende arbeiten. Rund 7.000 Menschen forschen, entwickeln und leben hier die Stadt der Zukunft – energieeffizient, vernetzt und CO₂-neutral.

Hier verschmelzen Vergangenheit und Zukunft: historische Mauern treffen auf intelligente Gebäudetechnik, alte Stahlträger auf Glasfassaden mit modernsten Fenster- und Recyclingsystemen.

Was früher Gas speicherte, speichert heute Ideen.

Ein Ort als Blaupause für die Zukunft

„Wenn wir das hier können, dann können wir jeden Bestand neu denken“, sagt Johannes Tücks.
Der Umbau des Gasometers zeigt, dass Nachhaltigkeit nicht beim Neubau beginnt, sondern im respektvollen Umgang mit dem, was schon da ist.

Rund 85 bis 95 Prozent der heutigen Gebäude werden im Jahr 2050 noch stehen – und genau hier liegt die große Aufgabe der Bauwirtschaft: alte Strukturen in neue Lebensräume zu verwandeln. Projekte wie der EUREF-Campus beweisen, dass das möglich ist – mit Mut, Innovation und einem klaren Ziel.

Die Zukunft hat Patina

Der alte Gasometer ist heute ein Wahrzeichen des Wandels – ein Ort, an dem aus Industriegeschichte Klimageschichte wird.
Er zeigt, dass nachhaltiges Bauen nicht bedeutet, die Vergangenheit auszulöschen, sondern sie intelligent weiterzuschreiben.

Vielleicht ist der nachhaltigste Baustoff unserer Zukunft tatsächlich unsere Vergangenheit.

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