Von der Vermittlungsplattform zur Millionenfinanzierung als Handwerkersoftware

Michael Kessler (rechts) mit DIGITALWERK-Gründer und Podcast-Gastgeber Michél-Philipp Maruhn

Michael Kessler (rechts) mit DIGITALWERK-Gründer und Podcast-Gastgeber Michél-Philipp Maruhn

Wie Michael Kessler von seiner ersten Gründung einer Handwerker-Vermittlungsplattform zur heutigen Cloud-Software als effizientes Betriebssystem für Handwerker gekommen ist

Michael Kessler ist ursprünglich Ingenieur und hat sich nach seinem Studium einer Promotion im Bereich Energieeffizienz und Klimaschutz gewidmet. Nachdem er viel Fachwissen erlangen hatte, entschloss er sich nach seinem Abschluss im Jahr 2013 gemeinsam mit seinem ehemaligen Studienkollegen Philipp ein eigenes Unternehmen zu gründen. Michael reizte der große Hebel im Kampf gegen den Klimawandel, den er durch eine eigene Unternehmung selbst kreieren konnte. Das Ziel war es, eine Informationsplattform für Hausbesitzer zu entwickeln, mit der diese durch Technologie alle Informationen über die Gebäude als auch eine Förderung zur Finanzierung erlangen konnten. An dieser Stelle werden auch Handwerker benötigt, weswegen hierdurch ein großer Bedarf erkannt wurde. 

Die Anfänge von Michaels unternehmerischer Laufbahn liegen mittlerweile neun Jahre zurück.Seitdem hat sich vieles verändert. Bis heute besuchen fast 300.000 Personen pro Monat die Website der Plattform und es besteht immer noch ein starkes Handwerker Netzwerk, welches daran angebunden ist. So wie die Plattform damals jedoch aufgebaut wurde, existiert sie nicht mehr. Michael und sein Co-Founder haben in der anfänglichen Zeit viel über Onlinemarketing gelernt und vor allem, wie man eine Plattform aufbaut. 

"Wie viele vermutlich wissen, ist es im Moment nicht so leicht,überhaupt einen Handwerker zu bekommen. Wir haben daher nicht nur Kontaktdaten an Handwerker verkauft, sondern ein aufbereitetes Projekt.”

Im Detail haben sie durch ihre Plattform mit Hausbesitzern gesprochen, sie beraten, Baupläne eingeholt, Fotos besorgt, zur Förderung der Finanzierung gesprochen und einen Handwerker vermittelt. Aufgrund der Entwicklung der Marktlage hat sich jedoch im Laufe der Zeit herausgestellt, dass die Nachfrage von Handwerk nicht das Problem ist und die Vermittlung kein unendlich skalierbares Modell ist. Das Unternehmen hatte eine Grenze in der möglichen Ausgestaltung und im Wachstum erreicht. Philipp und Michael wollten jedoch mehr und nahmen sich vor, das größte Problem von Handwerkern zu lösen. Daher entschlossen sich beide Gründer, eine Weiterentwicklung des Produkts zu forcieren und einen Pivot ihres Geschäftsmodells durchzuführen. 

“Handwerker haben weniger Probleme, Aufträge zu erhalten, aber die Betriebe sind noch nicht so richtig digital und effizient unterwegs. Wir nahmen uns vor, den größten Pain Point zu adressieren und Betriebe effizient aufzustellen.”

Da der technologische Teil der Plattform Michael immer am meisten Spaß gemacht wurde und hierdurch Prozesse verbessert werden konnten, fiel die Entscheidung darauf, den Fokus auf Technologie zu setzen. Die Transition war zwar eine operative Herausforderung, doch durch ihre ausgeweitete Marktexpertise, ihr etabliertes Standing im Markt und ihr Vertrauen des Teams und der Investoren, führten sie die Veränderung der Vermittlungsplattform in ein reines SaaS Unternehmen erfolgreich durch. Rechtlich haben sie keine neue Firma gegründet, sondern auf der alten Firma aufgesetzt, ihre Investoren informiert und das Team in die neuen Aktivitäten überführt. Glücklicherweise haben Michael und sein Co-Founder seit Anfang an Angel Investoren mit an Board, die an die Vision der Gründer glauben und sie in ihren Vorhaben unterstützt haben. Die Gesellschaftsstruktur ist daher lediglich weiter gewachsen. Die reine Plattform mit der dazugehörigen Website haben Michael und sein Mitgründer an eine Hamburger Firma, mit der sie damals eng zusammengearbeitet haben, verkauft. 

Woher wusstet ihr, dass es der richtige Zeitpunkt für einen Pivot war? 

Die Pivotierung des Geschäftsmodells ist Michael und seinem Mitgründer relativ leicht gefallen. Sie haben zum Zeitpunkt der Veränderung in ein SaaS Unternehmen eine klare Limitierung des Modells erkannt und eine Öffnung des Markts in Richtung Digitalisierung erkannt. Michael erzählt im DIGITALWERK Podcast, dass zwischen 2016 und 2018 erkennbar war, dass die Industrie Plattformlösungen sowie die Digitalisierung von Handwerksbetrieben interessant fand. Zwar war schon im ursprünglichen Geschäftsmodell ein Teil der langfristigen Vision Handwerker mit einer digitalen Betriebssoftware auszustatten, jedoch nur als Bestandteil und nicht als Hauptteil der Vision. Das hat sich durch die Veränderung des Modells nun verändert und ist in den Vordergrund gerückt. 

“Es war einerseits unser Eigenantrieb und andererseits die Ergreifung der Markt Opportunity. Wir haben im Marktumfeld auch erste Tendenzen gesehen, dass wir nicht die einzigen sind, die die Idee hatten, Handwerker zu digitalisieren und effizienter zu machen.”

In 2018 haben sie daher den Fokus voll auf die HERO Software als Betriebssystem für Handwerker gesetzt und in 2019 eine Website hierzu gelauncht. Zu dem Zeitpunkt konnten sie bereits die erste Version des Produkts vorweisen, die sie Handwerkern anbieten konnten und für die es eine Zahlungsbereitschaft gab. Die Erwartungshaltung von Handwerksbetrieben zur Erfüllung von Anforderungen durch eine Software ist recht hoch. Daher ist das Feld der notwendigen Features einer Software sehr breit. Der Fakt, dass sie bereits seit vielen Jahren in diesem Markt tätig waren und sich eine treue Kundschaft aufgebaut haben, hat ihnen bei dem Aufbau der HERO Software geholfen. Michael erzählt, dass circa 15 Prozent der Neukunden durch reines Empfehlungsmarketing kommen, welches im Handwerksbereich noch sehr üblich ist. Die etablierte Brand und der Trust ist ein unfairer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Teilnehmern im Markt, den Michael und sein Co-Founder für sich nutzen konnten. Immer dann, wenn sich viel im Markt verändert und Konkurrenz vorhanden ist, entstehen Innovationen und gute Lösungen.

Michael erwähnt, dass das Timing eine große Rolle bei der Etablierung des Produkts gespielt hat. Nicht nur der Markt schien sich damals für Softwarelösungen im Handwerksbereich zu öffnen, auch die Handwerksbetriebe selbst waren bereit. Auch auf Seiten der Investoren entwickelte sich ein Interesse und führte letztlich zur Erfüllung der Erfolgsfaktoren im klassischen SaaS Business. Es wurde erkannt, dass der Handwerksbereich eine langfristige Technologie benötigt, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft stärkt. 

"Wenn die Handwerker weg sind, dann haben wir ein Problem. Ohne Handwerker können wir unsere Klimaschutzziele nicht erreichen. Das ist das große Bottleneck, wenn wir zum Beispiel Solaranlagen installieren müssen.”

Ist der Softwaremarkt im Handwerksbereich ein “Winner-takes-it-all-Markt”? 

Michael erzählt im DIGITALWERK Podcast, dass er den Markt nicht als Winner-takes-it-all-Markt einschätzt. Der Markt verlangt keine klassische Plattform, die davon lebt, dass viele Nutzer auf der Plattform sind. Sicherlich bringt eine hohe Anzahl an Nutzern einen Mehrwert für eine Plattform, jedoch können sich in dem Softwaremarkt für Handwerksbetriebe mehrere Marktteilnehmer durchsetzen. Michael geht davon aus, dass sich zwei bis drei Marktteilnehmer durchsetzen werden und einer davon als Marktführer sehr dominant sein wird. Aus diesem Grund führt er regelmäßigen Austausch mit Marktbegleitern aus dem Cloud-Business als auch mit Legacy Playern. 

Aktuell haben Michael und sein Co-Founder mit ihrer Software circa 2.000 zahlende Accounts aus allen Branchen. Die Software ist branchenübergreifend aufgebaut und daher sehr breit gefächert. Ungefähr 10.000 Nutzer nutzen die Software täglich oder wöchentlich, um ihre Abläufe im Betrieb effizienter und besser auszugestalten. Die Software ist als Operating System End-to-End aufgebaut, was bedeutet, dass nicht nur die Personen im Handwerksbetrieb mit der Software arbeiten, sondern die gesamte Landschaft, mit der Handwerksbetriebe im Austausch sind. Daher bindet die Software Kunden, Lieferanten, Hersteller und Endkunden ein und funktioniert als Plattform mit einem operativen System im Kern. Aufgesetzt ist diese auf einer Cloud Infrastruktur, die eine leichte Integrierbarkeit von peripheren Tools ermöglicht und hierdurch einen großen Vorteil darstellt. Um wettbewerbsfähig zu sein und so wenig länderspezifische Funktionen wie möglich selbst zu entwickeln, greifen sie auf nationale Partner zurück, die Lösungen integrieren wie beispielsweise Accounting oder Buchhaltungslösungen. Hierdurch geben sie Handwerkern alle notwendigen Instrumente an die Hand, die sie zur effizienten Arbeitsweise ihres Betriebs benötigen. 

Eine weitere zentrale Rolle spielt die Vereinfachung der Entscheidungsgrundlage für Handwerker. Ein alltägliches Beispiel findet man typischerweise in der Auftragsvergabe und -annahme. Wenn Handwerker vorher auf Bauchgefühl und Abwägung bei der Annahme von Projekten vertrauten, können sie sich heute durch die HERO Software die Pipeline an möglichen Aufträgen anschauen und diese evaluieren. Durch die Prüfung der Bonität von Kunden wird die Zahlung der Aufträge sichergestellt und es kommt zu weniger bis keinen Zahlungsausfällen. Umgekehrt wird aufgezeigt, bei welchen Aufträgen der Handwerker die größte Marge erreichen kann und für welchen Auftrag dieser sich entscheiden kann. Zusätzlich können Handwerker durch die Datenbasis einen Einblick in tagesaktuelle Preise von Lieferanten erhalten und so die größtmögliche Marge hebeln. HERO reduziert daher nicht nur Risiko und Stress, sondern erhöht die Effizienz und Leistungsfähigkeit von Handwerksbetrieben maßgeblich.

Die Themen des DW Podcast mit Michael Kessler im Überblick:

  • Der Aufbau der Handwerkervermittlung (00:01:53
  • Der Pivot zum reinen SaaS Unternehmen (00:05:17)
  • Die Neuerfindung als Betriebssystem (00:10:44)
  • Der Grund des Investoreninteresses (00:15:09)
  • Der Vorteil als First Mover (00:19:25)
  • Was HERO ausmacht (00:26:52)

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