Wohin mit meinem Auto? VePa hat die Parkturm-Antwort

David Schön (Co-Founder von VePa Vertical Parking) und Michél-Philipp Maruhn (Host & Founder DIGITALWERK)

David Schön (Co-Founder von VePa Vertical Parking) und Michél-Philipp Maruhn (Host & Founder DIGITALWERK)

Auf einer Fläche von zwei Stellplätzen schafft VePa zwölf. Das Start-up entwickelt Urban Mobility Hubs und revolutioniert damit das Parken.

Auf den Straßen tummeln sich die Fahrzeuge. Das Auto ist des Deutschen heilig – zumindest laut Statistik. Seit 1991 nimmt der Kraftfahrzeugbestand in der Bundesrepublik kontinuierlich zu, allein in den vergangenen 15 Jahren laut Umweltbundesamt um knapp 21 Prozent. Zum Stichtag 01. Januar 2023 wurden in Deutschland 48,8 Millionen angemeldete Pkw verzeichnet. Insbesondere der Anteil an Elektrofahrzeugen wächst rasant und hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als verdreifacht.

Autos brauchen Platz, LKWs noch mehr und Elektrofahrzeuge zusätzlich eine Ladeinfrastruktur. Und wenn diese Fahrzeuge gerade nicht in Bewegung sind, benötigen sie einen Ort, an dem sie problemlos verweilen können. Normalerweise sehen Parkplätze so aus: Es gibt eine große unbebaute Fläche, auf der Stellplätze parallel, schräg versetzt oder im Fischgrätenmuster angelegt sind. In Deutschland obliegt die Definition der Parkplatz-Parameter den einzelnen Bundesländern. Das Problem: Parkplätze versiegeln Flächen. Flächen, die insbesondere in Großstädten und Metropolen durchaus anderweitig genutzt werden könnten. Vielerorts entstehen Tiefgaragen. Diese sind jedoch sehr kostenintensiv und wenig ressourcenschonend.

Warum also nicht einfach das Muster ändern und Parkplätze in die Höhe bauen? Das Team von VePa Vertical Parking aus München überdenkt das reguläre Parkkonzept und entwickelt vertikale Parktürme. Als einer der Firmengründer war es David Schön ein Anliegen, eine innovative, flexible und nachhaltige Alternative zu bestehenden Stellplatzvarianten zu entwickeln, damit vorhandene Flächen effizienter genutzt werden können.

Auf einer Grundfläche von 45 Quadratmetern können in dem von dem Start-up designten VePa Turm aktuell bis zu zwölf Autos parken.  Das System funktioniert nach dem Umlaufprinzip und beruht auf der Paternoster Technologie. Der Paternoster ist eigentlich ein klassischer Personen-Umlaufaufzug, in dem typischerweise bis zu zwei Menschen pro Kabine Platz finden. Die jeweiligen Einzelkabinen hängen an Ketten. Sie lassen sich im stetigen Umlauf steuern.

In den Parktürmen treibt ein sparsamer Elektromotor die einzelnen Plattformen an, die dann rotierend auf kleiner Grundfläche Stellplätze in der Vertikalen schaffen. Die Integration von Ladesäulen ist beim modularen Aufbau des Towers ebenso möglich wie die Berücksichtigung von Stellplätzen für Fahrräder, E-Bikes oder Motorräder.

Der VePa Tower soll Platzprobleme lösen, ist geeignet für Wohnimmobilien, aber auch für Firmen, die Stellplatzlösungen für Kunden oder die eigenen Mitarbeiter suchen. Der erste Interessent war ein Energieversorger, der einen sehr kleinen Mitarbeiter-Parkplatz hatte und die Kapazität erhöhen wollte. Die Idee war da, wurde für gut befunden, doch an der Umsetzung hakte es zunächst. David Schön und sein Mitgründer Simon Schubnell steckten zu diesem Zeitpunkt noch mit beiden Beinen im Studium. Abends widmeten sie ihre Zeit den Parktürmen.

„Das hat vorne und hinten nicht funktioniert. Es gab kein Produkt und damit auch keine Aussicht auf eine Baugenehmigung. Aber irgendwie hat es uns nicht losgelassen. Wir haben Kundenakquise betrieben, um tiefer in das Thema einsteigen zu können, und in jedem Klinikum in Deutschland angerufen, um unser Parkkonzept zu vermarkten.“

Die Idee fand Anklang. Denn für die zwölf Stellplätze in der Vertikalen braucht es dieselbe Grundfläche wie für zwei Stellplätze am Boden. Der Faktor liegt damit bei sechs. Die Kosten des Turmes liegen aktuell bei etwas mehr als einer halben Million Euro für zwölf Stellplätze. Die Investitionen können seitens des Eigentümers durch Parkgebühren oder eine Stellplatzmiete über die Betriebsjahre gedeckelt werden. Zusätzlich können Einnahmen durch Ladestrom, durch Services wie eine DHL Box oder durch einen Battery Check Service generiert werden. Zeitgleich könnte der Turm als Werbeträger genutzt werden.

Das Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München hat angebissen. Bei jedem Bauprojekt müssen Stellplätze nachgewiesen werden. Die Klinik suchte eine platzsparende Lösung für ihren Innenhof. Nach einem Gespräch mit dem Bauleiter des Klinikums war klar: Lasst die Projektplanungen beginnen! Mit einer Maschinenbaufirma als Partner und dem damaligen technisch versierten dritten Mitgründer, wurde die Entwicklungsphase eingeleitet.

Ist das noch Architektur oder schon eine Maschine?

Zwei Jahre sind seitdem vergangen. Das Projekt am Klinikum wurde nicht realisiert. Doch das Produkt erhielt seinen Feinschliff. VePa baut Urban Mobility Hubs, Türme mit geringem Footprint und der Möglichkeit, bei Bedarf alle zwölf Fahrzeuge in dem Turm gleichzeitig laden zu können. Diese Ladestruktur zu ermöglichen, war eine große Herausforderung, da sich die Plattformen im Paternoster bewegen. Wie gelangt also der Strom dorthin, wo er benötigt wird? Die von David Schön und Co. erarbeitete Idee steckt derzeit im Patentprozess. Ende 2023 soll der erste Turm mit der entsprechenden Ladeinfrastruktur stehen.

Der Parkturm ist einerseits ein Bauwerk und auf der anderen Seite eine Maschine. VePa liefert damit zwei in eins aus einer Hand, bündelt die bauliche und die technische Lösung. Derzeit führen die Gründer vornehmlich Gespräche mit Wohnbaugesellschaften und Projektentwicklern. Diese müssen je Wohnung eine bestimmte Anzahl an Stellplätze nachweisen. Wie viele, definieren die Kommunen.

Weil die Flächen knapp sind, wurden in den vergangenen Jahren vor allem Tiefgaragen realisiert. Für Nachverdichtungen in bestehenden Quartieren ist dies problematisch. Bei einer Aufstockung vorhandener Wohnimmobilien können keine weiteren Stellplätze nachgewiesen werden. Eine weitere Tiefgarage zu bauen, ist kostenintensiv und ein Desaster für die Umwelt. VePa ist eine flexiblere Lösung, die darüber hinaus 98 Prozent nachhaltiger ist als die Stellplätze in der Tiefgarage. Perspektivisch ist auch denkbar, den Parktower unter die Erde zu bringen. Doch das ist bislang Zukunftsmusik.

Der Parkturm kann innerhalb von zwei Wochen aufgebaut werden. Genutzt werden vorproduzierte Fertigteile. Für die Wartung und bei Störungen im laufenden Betrieb arbeiten die Gründer mit der DB AG zusammen. Auch für die Produktion der Fertigteile, die in Deutschland erfolgt, konnte ein weiterer Partner gewonnen werden. Maschinenbaulieferanten fertigen zudem auf Bestellung nach VePa-Plänen das Produkt.

Geht es noch ein bisschen grüner?

Die Gestaltung der Fassade des Towers ist flexibel. Sie soll funktional sein, Energie produzieren - beispielsweise durch den Einsatz von PV-Anlagen - oder die Städte kühlen, CO2 binden, zum Beispiel durch Begrünung. So zumindest der Anspruch.

Genauso schnell wie der Parkturm aufgebaut werden kann, kann er auch wieder abgebaut werden. So kann flexibel auf Bedarfe reagiert werden. Wird der Tower nicht mehr benötigt, wird er zurückgebaut. Die Teile können wiederverwendet werden, genauso wie die Fläche, auf die der Turm bislang stand.

Derzeit besteht das Team von VePa aus elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die meisten von ihnen sind Werkstudenten und Werkstudentinnen. Finanziert wird die Firma durch zwei Investoren, die bislang knapp eine Million Euro in das Start-up gesteckt haben. 2023 werden die vier ersten Projekte umgesetzt, das heißt, es ist das erste Operationsjahr des Unternehmens. Zwei der Projekte werden in München realisiert, eins ins Berlin. Letzteres wird im Stadtteil Friedrichshain verwirklicht - als Vorhaben zur Verbesserung des Wohnumfeldes. Auf 600 Quadratmetern entstehen anstelle eines weiteren Wohnblocks, ein Spielplatz, eine Grünoase und gleich fünf Parktürme.

Für die Baugenehmigungsverfahren kalkulieren die Gründer rund fünf Monate ein, unabhängig vom Standort. Neben der Baubranche sind Infrastruktur-Partner für VePa interessant.

„Es wird immer Kunden geben, die den Turm kaufen, um ihr Stellplatzproblem zu lösen. Eine andere Idee ist die Zusammenarbeit mit einem Infrastrukturanbieter, der die Betreibung übernimmt. Das ist kapitalintensiver auf der Projektseite, hat aber dafür auch bessere Returning revenues. Mit einem Turm kannst du im Schnitt über 150.000 € Umsatz im Jahr machen.“

David Schön und sein Team leben die Idee vom vertikalen Parkturm. Egal, welche Rückschläge auf sie zukommen, sie werden weitermachen - auch wenn ein zwei Millionen Deal wie der mit dem Klinikum rechts der Isar von jetzt auf gleich platzt. Das Geschäft wurde seinerzeit mit einem Handschlag besiegelt. Was die Gründer daraus gelernt haben? Bevor die Tinte unter dem Vertrag nicht getrocknet ist, gibt es kein Bier.

Die Themen des DIGITALWERK Podcasts mit David und Michél im Überblick:

- Warum künftig nur noch vertikal geparkt wird (00:04:51)

- Wie der Strom dort hinkommt, wo er gebraucht wird (00:08:10)

- Welche Projekte bei VePa 2023 auf der Agenda stehen (00:19:29)

- Wie sich der Parking Tower refinanziert (00:24:15)

- Warum ein Handschlag manchmal wenig zählt (00:32:18)

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