Emanuel Heisenberg, Founder & CEO ecoworks und Michél-Philipp Maruhn (Host & Founder DIGITALWERK)
June 27, 2023
Der Wirtschaftshistoriker Emanuel Heisenberg studierte von 1998 bis 2001 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und anschließend an der University of Cambridge.
Er arbeitete als Consultant und Managing Director und gründete 2010 sein erstes Unternehmen Heisenberg Energie GmbH. Als Senior Advisor bei Energiesprong Deutschland kam Emanuel seinem heutigen Daily Business schon sehr nah.
Seit 2019 ist Emanuel Heisenberg Founder und CEO von ecoworks. Ecoworks saniert nach dem Energiesprong-Prinzip aus den Niederlanden.
Der Begriff “Energiesprong” ist niederländisch und heißt übersetzt “Energiesprung”. 2013 wurde das Energiesprong-Prinzip in den Niederlanden entwickelt und seitdem tausendfach umgesetzt.
Bestehende Gebäude machen rund ein Drittel der CO2-Emmissionen in Deutschland aus. Damit die Klimaschutzziele erreicht werden, muss ein Großteil dieser Häuser bis 2045 saniert werden. Das Problem ist: Die Anzahl und Geschwindigkeit der Sanierungen reichen bei Weitem nicht aus. Die aktuelle Sanierungsrate stagniert bei rund einem Prozent, notwendig ist jedoch mindestens das Doppelte. Das hat verschiedene Gründe.
Bei Mehrfamilienhäusern kommen aufwändige Planungen, hohe Investitionen und eine geringe Akzeptanz seitens der Mieter für steigende Kosten zusammen. Außerdem fehlt es auch hier häufig an qualifizierten Fachkräften, um die Maßnahmen umzusetzen. Baufirmen haben durch den Fachkräftemangel Kapazitätsengpässe. Die Folgen sind steigende Baukosten, lange Bauzeiten und eben eine stagnierende, viel zu geringe Sanierungsquote.
Die Branche braucht folglich dringend neue Sanierungslösungen, die einfacher, schneller und wirtschaftlicher ausgerichtet sind als die bisherigen Ansätze. Ein wichtiger Baustein dafür ist die serielle Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip. In mehreren europäischen Ländern wird das Energiesprong-Prinzip bereits genutzt. In Deutschland koordiniert die Deutsche Energie-Agentur (dena) die Marktentwicklung.
Mit einem digitalisierten, neu gedachten Bauprozess, vorgefertigten Elementen aus der Fabrik und einem innovativen Finanzierungsmodell, werden Gebäude dank des Energiesprong-Prinzips innerhalb weniger Wochen auf einen NetZero-Standard gebracht. Im Jahresmittel können diese Gebäude so viel erneuerbare Energie erzeugen, wie für Warmwasser, Heizung und Strom benötigt wird. Dadurch werden Klimaschutz und bezahlbares Wohnen vereint und energetische Sanierungen können zügig in der Breite umgesetzt werden.
Ecoworks plant, konstruiert und installiert Fassaden- und Dachelemente, sodass Mehrfamilienhäuser innerhalb weniger Wochen auf einen NetZero-Standard umgerüstet werden können. Das Berliner ConTech-Start-up mit 180 Mitarbeitenden plant und baut Projekte mit mehr als 800 Wohneinheiten. Das langfristige Ziel ist die Reduzierung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor durch eine hocheffiziente Gebäudehülle, moderne TGA-Lösungen sowie der Eigenversorgung der Gebäude mit klimaneutralem Strom. So hat sich das Start-up auf die Fahne geschrieben, die Wohnungswirtschaft bei ihren Zielen für die Energiewende zu unterstützen.
Dabei ließ sich Emanuel anfangs auch von kritischen, ablehnenden Stimmen aus der Branche nicht von seiner Vision abhalten.
“Alle Anbieter haben gesagt, das ist so ein Klima-Quatsch, das macht keinen Sinn, das braucht kein Mensch. Dann habe ich sozusagen die serielle Sanierung mit allen Schmerzen in Deutschland gestartet.”
– Emanuel Heisenberg
Heute gibt es mehrere Anbieter, die auf ecoworks und das Energiesprong-Prinzip vertrauen und im wahrsten Sinne bauen.
Die Gebäude, die für die Sanierung über ecoworks infrage kommen, findet das Start-up über eine KI, die Google Street Maps analysiert. Gebäude müssen zwischen zwei bis maximal sechs Stock hoch und sollten nach Möglichkeit freistehend sein. Außerdem sollten sie in der Wärmeversorgung sehr ineffizient sein.
Der perfekte Kunde liegt bei rund 53.000 Wohneinheiten. Dazu gehören mittlere, häufig auch städtische Objekte und Einrichtungen, die über eigene Technikteams verfügen und drohen, durch ihre schlechte Energieeffizienz nicht mehr vermietbar oder einem Verfall des Cashflows ausgesetzt zu sein. Diese Objekte hätten einen besonders hohen Hebel, wenn das Geld über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) käme. Das bedeutet folglich: Hundertprozent Fremdfinanzierung und ein hoher Tilgungszuschuss, weil die serielle Sanierung einen Bonus von 15 Prozent durch die Förderung bekommt.
Passende Gebäude werden nach Vertragsabschluss des Projektes im Anschluss vor Ort gescannt und in einen digitalen Zwilling übertragen. Das ganze müsse sehr exakt bis auf wenige Millimeter geschehen, erklärt Emanuel Heisenberg. Ihr Werkstoff Holz hat zwar eine gewisse Toleranz, aber beim Scannen müsste es schon sehr genau passen.
Die Mitarbeitenden von ecoworks laufen mit Scan-Rucksäcken und iPads durch die zu scannenden Gebäude, um auch den Materialbestand für die spätere Verankerung an den Decken genau zu dokumentieren. Es sei eine Mischung aus digitaler Automatisierung und trotzdem sehr viel menschlichem Know-how.
Auf der Basis des digitalen Zwillings und entsprechenden Planungsbibliotheken, die ecoworks schon für sehr viele Gebäudetypen angefertigt hat, sei eine automatisierte Planung möglich.
Mit den Projekten seien sie gerade schon sehr profitabel, erzählt Emanuel. Als Gesamtunternehmen würde das Ganze jedoch noch zwei bis drei Jahre dauern. Ecoworks entwickelt eine Hardware-Software-Plattform, die später auch global ausgerollt werden soll. Dazu braucht das Start-up für Hardware, Entwickler und Softwareentwickler immense finanzielle Mittel. Aktuell beschäftigt ecoworks Partnerunternehmen für die Fertigung. Sie seien “asset lean” unterwegs, so Emanuel Heisenberg. Das heißt, ecoworks hat keine eigene Fabrik, sondern lässt andere Fabriken für sich errichten. Die Projekte entwickeln sie in eigenen Planungsteams und haben mittlerweile auch die ersten Installateure der Module an Bord. Emanuel startet während des Podcasts einen Aufruf für Handwerker:innen von Dachdecker:innen bis hin zu Elektromonteur:innen, die das Start-up dringend sucht. Bist Du interessiert? Dann zögere nicht und bewirb dich bei ecoworks!
Die Gespräche mit Investor:innen könnten schnell zu Ende sein, sagt Emanuel. Wenn ecoworks einen Prozent des europäischen Sanierungsmarktes, ohne die Berücksichtigung der Klimavorgaben, erobern würde, wären das auf dem derzeitigen Markt acht Milliarden Euro. Selbst bei 0,1 Prozent auf dem europäischen Markt, hätte Emanuel Heisenberg nach eigener Aussage ein “schönes Start-up”.
Ecoworks wolle sein Geschäftsmodell zukünftig in der Tiefe beweisen und zeigen, dass die Qualität für die Mieten hinsichtlich der Qualität der Energieeffizienz sehr hoch ist. Das Start-up wolle bald auch die Sanierung bewerten lassen.
Emanuel Heisenberg scherzt, dass sie einen kompletten Podcast über das Thema “Überregulierungen in der Baubranche” machen könnten und er schon weiß, was für absurde Themen noch auf ihn zukommen werden. Ecoworks darf beispielsweise belastete Schadstoffwände mit den Modulen nicht überbauen. Zuerst müsste eine Schadstoffsanierung von mehreren 100.000 Euro durchgeführt werden, um ein Modul anschließend draufsetzen zu dürfen. Am Ende sei dadurch viel Geld für die Mieten verschenkt worden.
“Es schreit in Deutschland nach einer gescheiten Musterbauordnung und nach Typenzulassungen, auch für die Sanierung. Also da ist viel zu tun. Wir haben gerade ein 30-seitiges Papier an das Wirtschaftsministerium gegeben und ‘bitte, bitte’ gesagt.”
– Emanuel Heisenberg
Emanuel Heisenberg sei als studierter Wirtschaftshistoriker auf der Baustelle kein Fachmann, gesteht er. Mehrere Patente seien aus seinen Ideen entstanden und die Technologie sei für ihn der spannendste Aspekt. Wenn man wirklich die Komplexität der Bauabläufe reduzieren wolle, sei die größte Herausforderung bei dem Geschäftsmodell: Man müsse permanent mit den entsprechenden Arbeitskräften über die Baustelle gehen und die Lage besprechen und vergleichen, erklärt Emanuel.
Bei allen Herausforderungen sei das “Klimathema” für ihn ein “Lebensthema”. Er könne nichts anderes als Klimatechnologie und würde auch nichts anderes mehr machen. Für Emanuel Heisenberg ist ecoworks so viel mehr als ein Start-up, das er an der Börse notieren lassen wollte.
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