Milliardenunternehmen wienerberger: Pionier der Bauindustrie im Wandel

Heimo Scheuch – (CEO, wienerberger) links, Michél-Philipp Maruhn (Gründer und Host, DIGITALWERK Podcast) rechts

Heimo Scheuch – (CEO, wienerberger) links, Michél-Philipp Maruhn (Gründer und Host, DIGITALWERK Podcast) rechts

Ein Blick hinter die Kulissen des Milliarden-Unternehmens wienerberger: CEO Heimo Scheuch über Innovationen, Wachstum und Nachhaltigkeit

Inmitten der majestätischen Kulisse von Wien, der kulturellen Schatzkammer Europas, trifft Michél auf Heimo Scheuch, den CEO von wienerberger

Wienerberger, ein Gigant in der Baubranche gibt sich modern und dynamisch. „Wir sind fast wie ein Start-up“, scherzt Heimo Scheuch, während er von den innovativen Entwicklungen bei wienerberger erzählt.

In Europa und Nordamerika aktiv, mit kleinen Ablegern in Indien und der Türkei, hat wienerberger längst die Grenzen seines klassischen Ziegelgeschäfts überschritten. Sie bauen nicht nur Häuser, sondern gestalten moderne, energieeffiziente Wohnräume, erklärt Heimo Scheuch. Mit einem breiten Portfolio, das von Ziegeln bis hin zu Rohren reicht, ist wienerberger nicht nur ein Zulieferer, sondern ein Lösungsanbieter für die gesamte Baubranche. Warum diese Vielfalt?

"Wir wollen kein Zulieferant von einem Produkt, sondern System- und Lösungslieferant sein (...) Beim ganzen Thema Errichtung eines Hauses, denkst du ja nicht nur über die Wand nach, sondern über das ganze Thema Energieversorgung und Wasserversorgung."
– Heimo Scheuch

Respekt, Vertrauen und Leidenschaft – das sind die Grundpfeiler, auf denen wienerberger aufbaut. “Es ist eine Wertesache“, erklärt Heimo Scheuch. Durch Initiativen wie das Vorschlagswesen haben Mitarbeiter:innen die Möglichkeit, ihre Ideen einzubringen und aktiv mitzugestalten. Sie nehmen jeden Vorschlag ernst, so Heimo Scheuch. Denn oft sind es gerade die kleinen Ideen, die große Veränderungen bewirken können.

Auch in der globalen Zusammenarbeit gibt es Unterschiede. Kulturelle Unterschiede und historische Hintergründe spielen eine Rolle, aber letztendlich ist es die Leidenschaft und Neugier der Mitarbeiter:innen, die Innovation vorantreiben.

Innovationshunger und Mut zur Veränderung

Ein paar Podcastfolgen zuvor, sprach Michél mit Dr. Andreas Nauerz, CTO von Bosch Digital über Künstliche Intelligenz. Dabei ging es um einen Mangel an digitalem Wissen und Innovationshunger. Doch für Heimo Scheuch  geht es noch weiter – es mangelt an der Bereitschaft zu Neuem.

"Es fehlt uns der Wille zu Neuem. Wir Europäer sind sehr gesettelt. Wir leben gerne und Work-Life-Balance spielt eine große Rolle. Das ist auch ein kleiner Vorwurf, den ich der jungen Generation mache, dass man sagt: 'Hey, alles easy, alles cool.'" 
– Heimo Scheuch

Aber wir brauchen den Willen zur Veränderung, den Mut, neue Wege zu gehen, erklärt Heimo Scheuch weiter. Und dabei muss man ein Team um sich haben, das diese Vision nicht nur teilt, sondern auch umsetzt. Er vergleicht die Notwendigkeit zur Veränderung mit dem Sport – ohne den Willen zum Sieg und täglichem Training gewinnt man nicht.

Doch hat die junge Generation diese Mentalität bereits verinnerlicht oder müssen sie es erst wieder lernen? „Es ist ein Wiederlernen“, ist Heimo Scheuch überzeugt. Weiter erklärt, er, dass unser Bildungssystem überdacht werden muss. Außerdem müssten wir mehr in die Ausbildung investieren, um den Fachkräftemangel und mangelnde Innovation zu bekämpfen.

Heimo Scheuchs persönliche Reise über 25 Jahren bei wienerberger, spiegelt diese Erkenntnis wider. Als er die Verantwortung übernahm, erwartete er schnelle Veränderungen. Doch der Transformationsprozess war langwieriger als gedacht. 

“Ein Güterzug, wenn ich das so sagen darf, der fährt ja langsamer und den musst du bis zum letzten Waggon wieder mitnehmen und nicht nur mit einem Waggon vorne fahren (...) Wenn du ihn einmal zum Rollen bringst  [dann rollt er auch]."
– Heimo Scheuch

Wienerberger setzt auf klare Werte und ein starkes, regionales Management. Lokale Führungskräfte haben die Freiheit, das Geschäft vor Ort zu führen und sind dabei an klare Ziele gebunden, die nicht nur finanzieller Natur sind, sondern auch ESG-Ziele umfassen.

Durch Automatisierung und Digitalisierung hat wienerberger bereits große Fortschritte gemacht. 90 % des Geschäftsvolumens läuft digital ab. Doch Heimo Scheuch weiß, dass der Mensch weiterhin eine entscheidende Rolle spielt. Es kommt auf die richtige Balance zwischen Innovation, Digitalisierung und menschlichem Engagement an, erklärt er.

In einer Welt, in der Entscheidungsträger:innen immer mehr Einfluss auf die Wertschöpfungskette haben, ist der Dialog zwischen Unternehmen und Kund:innen entscheidend. Ein Bauherr, ob privat oder gewerblich, hat heute eine klare Vorstellung davon, was er will, sagt Heimo Scheuch. Die Bereitschaft, diesen Dialog zu führen und innovative Lösungen anzubieten, ist wichtig.

So bleibt Heimo Scheuch bei wienerberger nicht nur ein Visionär, sondern auch ein Praktiker

Portfoliowachstum und Innovationsstrategie bei wienerberger: ein Blick in die Zukunft

In einem Unternehmen wie wienerberger, das letztes Jahr bereits 4,2 Milliarden Euro erwirtschaftete und dieses Jahr auf fünf Milliarden zusteuert, stellt sich die Frage, wie ein solches Wachstum möglich ist. Heimo Scheuch erklärt, dass das Wachstum sowohl organisch als auch durch Akquisitionen erfolgt.

Organisches Wachstum bedeutet die Entwicklung neuer Produkte und Lösungen. Wienerberger investiert in innovative Technologien und verbesserte Prozesse, um effizienter zu produzieren und Kundenbedürfnisse besser zu erfüllen. Doch auch Akquisitionen spielen eine entscheidende Rolle. Heimo Scheuch verweist auf eine kürzlich getätigte Akquisition im Dachbereich, bei der ein französisch-deutsches Unternehmen mit 28 Standorten übernommen wurde. Diese Unternehmen werden in wienerbergers Plattform integriert, um das Produktportfolio zu erweitern und neue Märkte zu erschließen.

Doch Akquisitionen erfordern auch finanzielle Mittel. Wienerberger ist am Finanzmarkt aktiv und erwirtschaftet Cashflow, um diese strategischen Übernahmen zu finanzieren. Der ganzheitliche Ansatz von wienerberger, der über traditionelle Baustoffe hinausgeht, umfasst Innovationen in verschiedenen Bereichen wie Elektrorohre, vorgefertigte Kits für den Hausbau und Sensortechnik.

Wird es zukünftige Akquisitionen bei wienerberger geben? Laut Heimo Scheuch wird wienerberger im Kerngeschäft bleiben: Neubau, Infrastruktur und Renovierung. Besonders der nordamerikanische Markt, der bereits knapp eine Milliarde Euro Umsatz generiert, wird weiter ausgebaut, um ein ausgewogenes regionales Portfolio zu erreichen. Heimo Scheuch sieht die Zukunft von wienerberger in der Integration von innovativen Technologien und nachhaltigen Baustoffen, um das Baugewerbe effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten.

In Bezug auf Innovationen betrachtet wienerberger das Dach als Teil des Gesamtkonzepts und nutzt es in vielfältiger Weise, beispielsweise zur Energiegewinnung und Wassersammlung. Trotz des traditionellen Charakters des amerikanischen Marktes setzt wienerberger weiterhin auf innovative Lösungen, um die Bedürfnisse der Kund:innen zu erfüllen und die Bauindustrie voranzutreiben.

Nachhaltiges Bauen und eine effiziente Nutzung von Ressourcen ist für wienerberger ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur, die über 200 Jahre Bestand hat. Nachhaltiges Handeln bedeutet für Heimo Scheuch einen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen, Menschen und Investitionen, sowohl finanziell als auch industriell.

Er fordert eine Überprüfung des Konsumverhaltens und kritisiert den ineffizienten Bau von Infrastrukturen wie Einkaufszentren, die oft ungenutzt bleiben und viel Platz beanspruchen. Für die Zukunft von wienerberger bedeutet dies, sich auf die effiziente Nutzung von Ressourcen und die Schaffung nachhaltigerer Lebensräume zu konzentrieren.

In Bezug auf die Baubranche spricht Heimo Scheuch über das oft negative Image der Industrie und betont, dass industrielle Tätigkeiten nicht grundsätzlich schlecht sind. Er fordert eine umfassende Aufklärung, um das Verständnis für die Bedeutung der Industrie und deren Beitrag zum Wohlstand zu fördern.

“Industrielles Tun ist nichts Schlechtes. Wertschöpfung, Wohlstand kommt ja von dem. Wo soll es denn sonst herkommen?”
– Heimo Scheuch 

Ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit sind die Materialwahl und die Langlebigkeit der Produkte. Laut Heimo Scheuch ist es notwendig, nachhaltige Materialien zu verwenden und Produkte herzustellen, die über einen längeren Zeitraum halten. Recycling und Wiederverwendung sind ebenfalls zentrale Elemente nachhaltigen Bauens.

In Bezug auf die politische Landschaft und die Investitionen in die Infrastruktur zeigt sich Heimo Scheuch kritisch gegenüber kurzfristigem Denken und fordert eine stärkere Einbindung privater Investitionen. Er betont die Notwendigkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit zwischen der Politik und der Industrie, um die Herausforderungen im Bauwesen anzugehen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Heimo Scheuch sieht die Zukunft der Bauindustrie sowohl im Ausbau nachhaltiger Bauprojekte als auch in der verstärkten Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Er fordert eine Neuausrichtung der politischen Prioritäten hin zu langfristigen Investitionen und nachhaltigen Entwicklungsstrategien.

Abschließend zeigt sich Heimo Scheuch optimistisch für die Zukunft von wienerberger und der Bauindustrie insgesamt. Er sieht das Potenzial für weiteres Wachstum und die Bereitschaft von wienerberger, eine führende Rolle in der Gestaltung einer nachhaltigen Bauindustrie zu übernehmen.

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