Suanne Tattersall – (Inhaberin Tattersall Lorenz & Talyo.) rechts, Michél-Philipp Maruhn (Gründer und Host, DIGITALWERK Podcast) links
May 21, 2024
Susanne Tattersall ist schon lange Immobilienbranche. Ihre berufliche Laufbahn hat sie jedoch branchenfremd als Fremdsprachenkorrespondentin gestartet. Es folgte eine Anstellung bei einer Brauerei, bevor es sie schließlich in die Immobilienbranche verschlug. Eine Freundin war damals auf der Suche nach fähigen Leuten, um mit fremdsprachigen Immobilieninvestoren korrespondieren zu können.
Ins Unternehmertum hat sich Susanne Tattersall selbst hineingearbeitet. 1994 startete sie bei einer Eigenbestandsimmobilienverwaltung, direkt als Geschäftsführerin. Ein Großteil des Eigenbestandes wurde allerdings drei Jahre nach Gründung verkauft und so war wenig übrig, das es zu managen galt.
Mutig und beherzt entschied sie damals kurzerhand, die Gesellschaft zusammen mit Ihrem Mann Christian Lorenz zu kaufen und sie in eine Fremdbestandsverwaltung umzuwandeln. Eine Entscheidung, die den Lebensinhalt und Lebensmittelpunkt der beiden bestimmen sollte. Wer sich nun Gedanken über das damit verbundene existenzielle Risiko des Scheiterns der beiden Gedanken macht, ist damit ziemlich allein, denn über solche Themen haben die beiden nie nachgedacht.
In den 90er Jahren, dem absoluten Hoch der Immobilienbranche in Berlin, war das unternehmerische Risiko sicherlich auch überschaubarer als zu anderen Zeiten. Die Preise waren im Vergleich zu anderen Hauptstädten gering, Berlin ein lebendiges und aufstrebendes Zentrum für Menschen unterschiedlichster Art - ein super interessantes Pflaster für Immobilieninvestoren.
Unternehmertum bedeutet für Susanne Tattersall ganz viel Mut, Leichtigkeit, Verantwortung, Energie, Leidenschaft und Kreativität.
Das Thema Familie nimmt bei ihr einen hohen Stellenwert ein. Neben dem gemeinsamen Unternehmen haben Susanne und ihr Mann zwei Kinder, was schnell zu sehr herausfordernden Situationen führte.
Da für beide das halbherzige Führen eines Unternehmens nicht in Frage kam, entschieden sie sich 2004, dass einer den Fokus auf die Familie, einer den Fokus auf das Unternehmen legen sollte. Und anders als im klassischen Rollenbild entschied sich das Paar pragmatisch, dass der Mann zu Hause für die Kinder sorgen sollte.
Heute sind die beiden Kinder 19 und 22 Jahre alt, da kommt die Fragestellung der Nachfolge früher oder später auf den Tisch. In der Familie wurde das Thema lange als Chance behandelt, weniger als Zwang. Die beiden Kinder sollten sich möglichst ohne Druck eigene Karriere- und Lebenswege aufbauen können. Trotzdem haben sich beide, zur Freude der Eltern, für die Studiengänge Architektur und Facility Management entschieden. Seit dem wird aktiv über die Nachfolgegesprochen.
Insgesamt beschäftigt Susanne Tattersall 300 Menschen in zwei Gesellschaften. Die Tattersall Lorenz Immobilienverwaltung und -management GmbH kümmert sich vor allem um die Verwaltung von Gewerbeimmobilien wie Hotel-, Büro-und Einzelhandelsflächen.
Weil die bestehenden Kunden mehr und mehr Wohnimmobilien zur Verwaltung bei Tattersall Lorenz anfragten, hat Susanne zusätzlich vor vier Jahren die talyo. property services gegründet. Bei dieser steht das Management von Wohnimmobilien im Fokus. Da die Verwaltung von Wohnimmobilien jedoch ganz andere Schwerpunkte erfordert, als die Verwaltung von Gewerbeimmobilien, findet diese ganz bewusst in einer anderen Gesellschaft statt.
Beide Unternehmen beschäftigen sich kurz gesagt mit der kaufmännischen und technischen Verwaltung von Immobilien für institutionelle Investoren oder Famliy Offices. Das bedeutet konkret, der Kontakt zum Mieter, die Kontrolle der Bewirtschaftung der Häuser (vor allem die technischen Anlagen und Infrastruktur) und der Papierkram werden von Tattersall Lorenz übernommen. Die Unternehmensgruppe agiert mittlerweile deutschlandweit an acht Standorten.
Die Immobilienbrache hat sich im Laufe der Jahre ziemlich gewandet, so Susanne Tattersall. Früher war der Immobilienverwalter die rechte und linke Hand des Eigentümers. Heute ist die Branche deutlich fragmentierter, heute gibt es Propertymanager, Assetmanager, Portfoliomanager, Fondmanager und den Facilitymanager. Internationalisierung und Globalisierung haben Einzug gehalten. Das Thema Daten und dementsprechende Reportings haben an Bedeutung gewonnen und spielen heute eine entscheidende, manchmal vielleicht zu große Rolle. Die Mieter oder die Objekte sind, laut Susanne Tattersall, in letzter Zeit leider bei vielen Eigentümern in den Hintergrund gerückt.
„Man muss schon immer wieder deutlich machen, wofür Immobilienmanagement eigentlich da sein soll: […] Die Mieter glücklich zumachen. Das ist unsere Kernaufgabe!“
- Susanne Tattersall
In der Immobilienwirtschaft nervt das Thema Susanne Tattersall vor allen, weil bisher viel zu wenig umgesetzt wurde. Getrieben wird die Immobilienbranche vor allem durch die Finanzbranche und europäische Vorgaben. Was man aber nicht vergessen darf, ist, dass die Branche eine extrem hohe Verantwortung hat, der sie sich im Moment nicht richtig bewusst ist, so Susanne.
„Alles, was aktuell gemacht wird, geschieht aus dem Antrieb heraus, dass wir unsere Immobilien nicht mehr finanziert bekommen […] und nicht aus dem Antrieb: Wir müssen hier alle für eine bessere Welt sorgen, in der auch die nächsten Generationen leben können!“
- Susanne Tattersall
Wie häufig hält sich die deutsche Immobilienbranche mit Reportings, Daten und theoretischen Maßnahmen auf, anstatt tatsächlich in die Umsetzung derer zu kommen.
In der Immobilienbranche können und werden die Nutzer in Zukunft, laut Susanne Tattersall, mehr Anforderungen an die Eigentürmer stellen. Bereits heute lässt sich beobachten, dass Konzerne nicht in Gebäude ziehen, die über keine Nachhaltigkeitszertifizierungen verfügen.
Viele mittelständische Bestandshalter stehen aktuell vor dem Problem Sanierungsmaßnahmen nicht finanzieren zu können. Dies liegt vor allem an einer kurzfristigen Investitionsstrategie. Der Immobilienmarkt war in den letzten zehn Jahren vor allem vom Transaktionsgeschäft geprägt, weniger von langfristigen Investitionsgedanken. Investitionen waren nicht nötig, da Immobilien von allein an Wert gewonnen haben. Je nach Assetklasse hat sich dies nun allerdings gewandelt. Hier sind Rückgänge von zehn bis zwanzig Prozent zu beobachten gewesen, diese gilt es in den nächsten Jahren wieder aufzuholen. Die Verantwortung in eine Immobilie zu investieren, liegt immer beim Eigentümer.
„Letztlich ist eine Immobilie nicht nur zum Transaktionsgedanken da. Sie muss auch gepflegt werden und den entsprechenden Veränderungen in der Welt standhalten können.“
- Susanne Tattersall
„Im Wohnungsbau ist die Regulatorik, zu stark, als dass sich der Markt noch entwickeln kann“, sagt Susanne Tattersall. Und das betrifft uns alle. Dadurch, dass zu wenig gebaut wird, kann man sich als Normalverdiener kaum eine eigene Wohnung leisten kann. Das Angebot ist hier einfach zu gering.
Gerade in der Immobilienwirtschaft ist es wichtig, dass die Gebäudedaten sichtbar werden. Um dies zu ermöglichen, ist die Digitalisierung ein entscheidendes Vehikel. Nur so können Nachhaltigkeitsziele erreicht werden. Leider ist die Frage nach der Verantwortung der Erhebung aktuell noch ungeklärt. Deshalb wird der Prozess häufig nicht umgesetzt.
Susanne Tattersall schlägt eine Art digitale Geburtsurkunde für Gebäude vor, in welcher sämtliche Daten gespeichert werden und für die unterschiedlichen Stakeholder abrufbar sind. Vor allem die Daten der Vergangenheit werden Tattersall Lorenz bei der Übernahme eines Gebäudes in Papierform übergeben.
(00:00:00) Um was geht es in der Podcastfolge?
(00:02:37) Susannes Weg in die Immobilienbranche
(00:04:43) Was machen Tattersall Lorenz und talyo.
(00:12:03) Die Immobilienbranche früher und heute
(00:21:11) Warum nervt das Thema Nachhaltigkeit jeden in der Immobranche?
(00:36:05) Unternehmensnachfolge bei Tattersall Lorenz
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