Nachhaltiges Bauen im Fokus: Low-Tech-Projekte auf den Baukulturtagen in Bad Aibling
In Bad Aibling entsteht seit einigen Jahren auf einem ehemaligen Kasernengelände ein Quartier, in dem auf Low-Tech-Projekte gesetzt wird. Wesentliche Parameter dieses Ansatzes sind einfache Gebäude- und Raumgeometrien, Reduktion der Haustechnik und der Einsatz von ausreichend Speichermasse. Diese Projekte zeigen, wie nutzungsfähige Gebäude trotz reduzierter Gebäudetechnik aussehen können.
Das B&O Parkgelände ist der größte und umfassendste Forschungscampus zum nachhaltigen Bauen, den wir aktuell in Deutschland sehen.
Prof. Andreas Hild - TU München
Forschungshäuser "Einfach Bauen" in Bad Aibling
Bauen kann manchmal kompliziert erscheinen, vor allem wenn es um die komplexe Konstruktion und Gebäudetechnik geht. Ständig steigende Anforderungen an Standsicherheit, Wärme-, Feuchte-, Brand- und Schallschutz sowie andere Aspekte des Nutzerkomforts haben zu einer regelrechten Flut von Normen und Baugesetzen geführt. Doch trotz all dieser Vorschriften geht Qualität manchmal verloren. Die steigende Komplexität führt oft zu Fehlern in Planung und Ausführung und kann Bauherren und Nutzer überfordern.
Inmitten dieser Herausforderungen hat die B&O-Gruppe das Forschungsprojekt "Einfach Bauen" unterstützt und auf ihrem eigenen Gelände in Bad Aibling drei Forschungshäuser errichtet. Diese Häuser sind ein Experiment in monolithischer Bauweise, bei dem verschiedene Materialien wie Holz, Mauerwerk und Beton zum Einsatz kamen. In der Holzbauvariante wurde beispielsweise ein dreilagiges Brettsperrholz mit einer Wandstärke von 30 cm verwendet, ergänzt durch Luftkammern in der Kernlage. Eine Fassade aus Fichtenholz schützt die Konstruktion.
In einem anderen Haus wurde unbewehrter Dämmbeton mit einer Wandstärke von 50 cm eingesetzt. Das Mauerwerkshaus hingegen wurde aus ungefüllten Hochlochziegeln mit einer Wandstärke von 42,5 cm errichtet. All diese Varianten wurden bewusst mit Blick auf regionale Bauweisen und architektonische Elemente ausgeführt, die sich über die Jahrhunderte bewährt haben. Das Projekt betont die Wichtigkeit der regionalen Bautradition.
Jedes der Forschungshäuser bietet Platz für acht Wohnungen und stellt somit auch ein voll funktionsfähiges Wohnhaus dar.
Es ist eine sensationelle Gelegenheit, einen Bauherrn zu haben, der das Grundstück zur Verfügung stellt, [...], die Häuser finanziert und der dann noch bereit ist, alles was wir uns in der Forschung überlegt haben, umzusetzen. [...]
Prof. Florian Nagler - Florian Nagler Architekten GmbH
Riegel mit 23 Wohnungen in Holzbauweise
Ein weiteres beeindruckendes Beispielprojekt auf dem Parkgelände ist der Riegel mit23 Wohnungen in Bad Aibling, beauftragt von der Münchner Genossenschaft Wogeno. Die Tragstruktur aus einem länglichen, massiven Erschließungskern aus Stahlbeton dient als thermische Speichermasse, während die Wandkonstruktion aus kreuzverleimten Massivholztafeln ebenfalls Speichermasse bietet. Durch den Einsatz von regionalem Holz und effizienter Vorfertigung konnte die Bauzeit auf nur sechs Monate reduziert und gleichzeitig Wohnfläche gewonnen werden.
Impulsvorträge und Diskussionen: Klimagerechtes Bauen im Fokus der Baukulturtage in Bad Aibling
Die Baukulturtage boten eine Plattform für Impulsvorträge und Diskussionen rund um klimagerechtes Bauen und Sanieren. Verschiedene Referenten präsentierten Möglichkeiten und Best Practices für eine nachhaltige Bauweise im Kontext der Klimakrise. Dabei wurde deutlich, dass der Bau- und Gebäudesektor einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten kann.
Im Fokus der Vorträge standen das Parkgelände und seine Entwicklung. Aber auch traditionelle und neu entdeckte Bauweisen beispielsweise mit Lehm und Holzwurden von Florian Nagler (Florian Nagler Architekten) detailliert vorgestellt. Zudem stellte David Wolfertstetter (DWA David Wolfertstetter Architektur) das Bürohaus für den Freistaat Bayern vor. Ein aus Holzmodulen bestehendes Gebäude.
Blick auf die Baukultur: Eine kritische Betrachtung
Das Event gab einen tiefen Einblick in die Baukultur und wie diese angesichts der Klimakrise transformiert werden kann. Insbesondere die Bauwirtschaft trägt laut dem United Nations Environment Programme (UNEP) erheblich zur globalenCO2-Emission bei. Klimagerechtes Bauen und Sanieren sind daher essentiell, um den Umweltanforderungen gerecht zu werden.
"Eigentlich steht uns aktuell im Weg, dass wir denken, dass Bauen immer neu sein muss. Wir müssten uns aber daran gewöhnen, dass Bauen eigentlich Umbauen und Weiterbauen bedeutet. Das ist ein Umdenken in den Köpfen, das stattfinden muss"
Prof. Andreas Hild - TU München
Ausblick und Zusammenfassung: Baukulturtage als Wegweiser
Die 3. Baukulturtage in Bad Aibling waren nicht nur eine Diskussionsplattform ,sondern auch ein Wegweiser für zukünftiges nachhaltiges Bauen und Wohnen. Die Veranstaltung zeigte auf, dass klimagerechte Baukonzepte dringend geboten sind und bereits realisierbar sind, vorausgesetzt, es gibt mutige Bauherren und innovative Projekte. Bad Aibling festigt dabei seinen Ruf als eine baukulturelle Adresse ersten Ranges.
Die 3. Baukulturtage waren ein Schritt in Richtung einer zukunftsweisenden Baukultur, die den Umweltaspekten und der Nachhaltigkeit Rechnung trägt. Wir freuen uns auf weitere Projekte dieser Art und hoffen auf noch mehr Innovationsgeist und den Mut in der Braubranche die Dinge mal unkonventionell anzugehen!
Wer mehr über B&O oder das Parkgelände erfahren möchte, dem empfehlen wir hier vorbeizuschauen!